Seit jeher bin ich „First Mover“. Neue Technik, neue Verfahren, neue Anwendungen – was immer es so gab und gibt: Ich bin vom ersten Tag an dabei. Bis jetzt. Bereits mit den Änderungen im Servicevertrag von Microsoft im Sommer 2023 setzte mein Umdenken ein. Unspezifische Angaben, dass Dateien mit denen Microsoft interagiert, gescannt und verarbeitet, ausgewertet sowie auch anderweitig durch Microsoft verwendet werden – auch mit Blick auf Hate Speech oder sonstige unlautere Inhalte, machten mir Gedanken. Eine Datei die ich in OneDrive hochlade? Fällt die darunter? Oder Dokumente, die in Office 365 bearbeitet werden? Fallen die darunter? Oder gar die Daten auf meiner Festplatte, mit denen das Betriebssystem Windows selbst interagiert? Es gibt darauf keine klare Antwort.
Mit der KI Integration verschärfte sich die Sache noch etwas. Dazu kam das „neue“ Outlook und das neue „Teams“, die sich als App tarnen, aber doch nur Webbrowser sind, die aussehen wie eine App. Mit dem Ergebnis, dass jede Eingabe direkt in der Cloud landet, von Microsoft verarbeitet und eben auch anders verwendet wird. So sagt es der Servicevertrag. Die Datenhoheit ist völlig dahin und jeder der das nutzt, stimmt dem zu. Als Datenschutzbeauftragter einer Firma mit 16 Mitarbeitern stehen mir die Haare zu Berge – aber auch privat ist das so. Denn wie gesagt – First Mover. Mega Möglichkeiten. Und der Schatten wird immer größer.
Recall ist das Stichwort. KI in den Chips integriert (schon erhältlich) sowie regelmäßige Screenshots (alle 5 Sekunden) dessen, was auf dem Bildschirm zu sehen ist. KI interpretiert, wohl verschlüsselt und nur auf dem Gerät verfügbar. Da komme ich sogar ins schmunzeln. Was man damit machen kann? Jede Aktion, alles was man je auf dem Gerät getan hat, lässt sich suchen und finden. Sehr einfach über ein Prompt. Ich habe es gelesen und dann sah ich es auf einem Gerät, was das kann.
„Unter Windows 11 24H2 ist „Recall“ auf kompatiblen Geräten standardmäßig aktiviert. Und wenn nicht automatisch, dann kann man das manuell aktivieren“ Link zum Artikel.
Ja, das ist das Werkzeug, um beispielsweise Erfahrungswissen von Mitarbeitern zu digitalisieren. Das ist eine Antwort auf diese lang gesuchte Anwendung. Und ja, ich nutze KI ausgedehnt und bin dafür – ich habe sogar ein eigenes GPT mit meinen Publikationen trainiert weil ich weiß, dass es um die Datenbezüge geht und weniger um den expliziten Inhalt. Aber was ist die andere Seite der Medaille?
Heute kann etwas legal sein, morgen kann es illegal sein – blicken wir doch einmal darauf, wie sich unsere Gesellschaft verändert. Da rufen Leute rechte Parolen zu einem Lied, welches nichts damit zu tun hat und die Frage steht im Raume, ob man das Lied verbieten sollte. Oder eine nicht verbotene Fahne die man schwenkt, und die auf einmal verboten wird. Ein Beispiel andersrum: Bis 1994 war Homosexualität teilweise illegal. Dann wurde der Paragraph glücklicherweise abgeschafft und Homosexualität ist legal. Oder die Sache mit dem Cannabis Anbau. Ich stelle mir vor es ist klar, was ich meine.
Es geht also um meine eigene digitale Persönlichkeit, die an einem „Schlüssel“ und einem Versprechen einer privaten IT Firma hängt und von der sich Regierungen nicht scheuen, sie doch um Backdoors zu bitten. Heise schreibt: „Recall läutet das Ende des Personal Computers ein“. In der Tat kann man das so sagen. Und das ist keine ferne Zukunft, denn es ist schon da.
Kurzum – ich habe mich entschieden, da nicht mehr mitzumachen und meine alten Spielereien um Linux und Open Source ausgegraben. Und ich bin überrascht, was sich alles in den Jahren getan hat. Auf einem Laptop läuft das neben meinem Windows Rechner zuhause. Es gibt keine Probleme hinsichtlich der Kompatibilität. Meine zwei, von mir entwickelten (und recht komplexen) Algorithmen stellen sich in Excel wie in dem Pendant von Libre Office gleich funktionsfähig dar. Die Libre Office Programme speichern und öffnen alle Office 365 Formate problemlos. Der Mailer von Thunderbird ist schnell, die Einbindung von Kalender Synchronisation und Kontakten ist reibungslos – egal ob Imap oder andere Protokolle (auch die von Microsoft). Auf dem Windows Rechner zuhause läuft das auch alles ohne ein weiteres Microsoft Produkt. Dazu gehört auch mein CRM und Rechnungssystem (Fakturama – Open Source) für mein kleines Gewerbe um meine Bücher.
Jetzt zur Cloud. Seit Jahren dämmert bei mir eine Synology Disk Station mit 2 Festplatten vor sich hin und dort ist alles gespeichert – für jeden in der Wohnung. Und das Ganze nutze ich auch über das Netz problemlos. Mit Zertifikaten und 2 Faktor Authentifizierung. Ich habe da jetzt 1,5 TB Speicherplatz von außen nutzbar. Das ist mehr als Microsoft im 365 Standard bietet und vor allem, die Daten sind ausschließlich bei mir. Die Kosten? Vor 4 Jahren habe ich 420 Euro dafür bezahlt. Mittlerweile macht eine weitere Festplatte alle 2 Wochen ein Backup.
Insofern habe ich mich in der Tat aus dem ganzen Microsoft System verabschiedet. Selbst Windows Rechner mit Open Source Software wie Thunderbird, Firefox und anderen laufen schneller bei höherer Sicherheit. Mittlerweile frage ich mich, wie ich auf einmal „abhängig“ von Microsoft wurde. Es war die Bequemlichkeit. Es gab sehr einfache und zuverlässige Lösungen. Das ist nach wie vor das Argument, wenngleich es tatsächlich kaum noch ein großer Unterschied ist. Der Preis wird jetzt aber zu hoch für mich als jemanden, der seinen ersten 8086 seinerzeit zusammengebaut hat und sich im Internet seit dem März 1994 bewegt.
Nur für zwei bestimmte Dinge nutze ich meinen Windows Rechner. Für meinen Microsoft Flight Simulator und für umfangreiche 3D Bearbeitung (Blender – Open Source) sowie Bildbearbeitung mit Affinity – gleich leistungsstark wie Adobe Produkte, nur halt massiv günstiger und weniger Datenhungrig. Ach ja. Und Videos schneide ich auch noch für meinen YouTube Kanal – mit Da Vinci Resolve 18. Kostenfrei mit einer Profi Software.
Soweit mein Bericht und ich bin gespannt auf die Zukunft.
Nachtrag: Ein Downgrade auf Windows 10 macht nur 1 Jahr Spaß. Im Oktober 2025 endet der Update Support für Windows 10.